Krebs besiegen ohne den Blick für die Ästhetik zu verlieren
Dr. med. Rosa Jochim-Maier behandelt als Leitende Ärztin am Brustzentrum Rheinfelden Patientinnen mit gut- und bösartigen Brusterkrankungen, ist anerkannte Senior Mammaoperateurin der Deutschen Krebsgesellschaft und steht während drei Tagen die Woche im Operationsaal. Sie erzählt, warum ihre Arbeit eine Herzensangelegenheit ist und warum Chirurgie und Akupunktur sich nicht ausschliessen.
Text: Sibylle Auxburger Hess
Lesezeit: 6 Minuten
Während ihrer Ausbildung zur Ärztin war für Dr. med. Rosa Jochim-Maier bald klar, dass sie operieren und sich im Bereich der Brustoperation weiterentwickeln möchte. Die Kombination von Onkologie und chirurgischer Tätigkeit, die Verbindung von Fachwissen und Handwerk ist ihr eine Herzensangelegenheit. Ihr Ziel ist es, den Krebs zu besiegen ohne dabei den Blick für die Ästhetik zu verlieren. Mit der Operation kann sie viel Positives bewirken. «Es ist mir ein Anliegen, dass sich die Patientin nach der Brustoperation gut fühlt, dass sie sich wieder im Spiegel anschauen kann», sagt Rosa Jochim-Maier.
Bei einer Brustkrebserkrankung ist die Operation die häufigste Therapie. Ziel ist die vollständige Entfernung des Tumors. In mehr als zwei Dritteln aller Fälle kann dies brusterhaltend geschehen. Ist dies aus verschiedenen Gründen nicht möglich, kann in derselben Operation oder zu einem späteren Zeitpunkt die Brust wiederaufgebaut werden. Je nach Form und Grösse der Brust sowie aufgrund der Lokalisation und Ausdehnung des Tumors wird für jede Patientin individuell festgelegt, was für sie die beste Operation ist.
Ehrliche Kommunikation
Ebenso wichtig wie die Operation ist Rosa Jochim-Maier die Betreuung der Patientin. Sie soll sich aufgehoben fühlen. Mit ihren Fragen, Bedürfnissen und Ängsten ernstgenommen und verstanden werden. Die Wünsche der Patientin werden, wo immer möglich, berücksichtigt. Aufgrund der individuellen Bedürfnisse und der aktuellen Lebenssituation der Patientin wird die Therapie individuell angepasst. «Die Therapie wird der Patientin nicht einfach aufgedrängt, sondern gemeinsam festgelegt», betont Rosa Jochim-Maier. Mit ihrer ruhigen Art schafft sie Vertrauen. Empathie, Mitgefühl und eine offene, ehrliche Kommunikation zeichnen ihre Arbeit aus. Mitgefühl und Ehrlichkeit sind für die Leitende Ärztin keine Schlagworte, sondern Fähigkeiten, die einer Person zu einem grossen Teil mitgegeben worden sind und die nicht ausschliesslich professionell angeeignet werden können.
Chirurgie als «Männerbastion»
Dass die Chirurgie traditionell als Männerbastion gilt, ist für Rosa Jochim-Maier weder während ihrer Ausbildung noch heute als Leitende Ärztin ein Thema. «Immer mehr junge Frauen entscheiden sich für ein Medizinstudium und die Chirurgie», erklärt sie. Insbesondere im Fachbereich der Frauenheilkunde steigt der Anteil der Frauen stetig und Frauen in leitenden Positionen, die Familie und Karriere verbinden, sind heute keine Exotinnen mehr. Rosa Jochim-Maier hat sich früh für eine Familie entschieden. Zwei Nachmittage in der Woche sind für ihren 13-jährigen Sohn und ihre 16-jährige Tochter reserviert. Am Brustzentrum Rheinfelden ist sie deshalb mit einem 80-Prozent-Pensum tätig. «Ein respektvoller Umgang miteinander und ein tolles Team, das sich gegenseitig unterstützt, sind entscheidend», erzählt sie.
Ihre Arbeitstage sind durchgetaktet: Morgenvisite, Sprechstunde, Mammadiagnostik, sind nur einige ihrer Aufgaben. Zwei bis drei Tage pro Woche steht sie im Operationssaal und an einem Nachmittag ist sie in der Akupunktur tätig. Sie hat dazu beigetragen, dass das Brustzentrum Rheinfelden heute zu einem schweizweit anerkannten Zentrum zur Behandlung von Brustkrebserkrankungen zählt und als eines von wenigen Brustzentren in der Schweiz sowohl von der Krebsliga Schweiz als auch von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifiziert ist. Bereits bei der ersten Zertifizierung war sie mit dabei und arbeitet inzwischen seit 15 Jahren mit Dr. med. Maik Hauschild, Chefarzt und Leiter des Brustzentrums Rheinfelden, zusammen. Zunächst als Assistenzärztin am Brustzentrum Rheinfelden/Baden und nun seit elf Jahren am Brustzentrum Rheinfelden. Seit März 2021 ist sie anerkannte Senior Mammaoperateurin der Deutschen Krebsgesellschaft. Zudem verfügt sie über einen Fähigkeitsausweis in Akupunktur-TCM (ASA).
Eine überraschende Verbindung
Chirurgie und Akupunktur – eine überraschende Verbindung? Nicht bei Rosa Jochim-Maier für die Ganzheitlichkeit, Lebensqualität und Wohlbefinden der Patientin im Zentrum steht. Für viele Patientinnen ist die Akupunktur eine besonders bereichernde Erfahrung, eine Möglichkeit zu entspannen, den Alltag hinter sich zu lassen und dabei noch eine positive Veränderung am eigenen Körper mit verbessertem Wohlbefinden zu spüren. Rosa Jochim-Maier ist überzeugt: «Die Akupunktur hat grosses Potenzial.» Wenn ihre Kinder älter sind, kann sie sich gut vorstellen, ihr Engagement in diesem Bereich auszubauen. Rosa Jochim-Maier erweckt den Eindruck, alles mit Leichtigkeit zu meistern. «Ich arbeite sehr gerne», sagt sie dazu.
Momente bewusst geniessen
Dass sie bei ihrer Arbeit mit einer Krankheit konfrontiert ist, die insbesondere Frauen betrifft und sie Frauen operiert, geht ihr manchmal auch unter die Haut. Die Brustkrebserkrankung zeigt ihr immer wieder auf, wie wichtig es ist, das Leben bewusst zu führen und Momente zu geniessen. Ausgleich findet sie in der Bewegung, am liebsten in der Natur, im Sommer beim Fahrradfahren und im Winter auf Skitouren. Und einmal im Jahr verbringt sie 10 Tage auf einem Segelschiff. Die Weite des Meeres erleben und die Naturgewalten spüren – für Rosa Jochim-Maier ideale Bedingungen, um abzuschalten. Vor allem aber schöpft sie Kraft aus ihrer Arbeit als Ärztin. Wenn sie sich nach einem langen Arbeitstag auf den Heimweg macht und die Patientinnen zufrieden sind, war es ein guter Tag. Sie sagt: «Ich erhalte viel zurück. Die Dankbarkeit der Patientinnen gibt mir Energie.»